Ticino
Die "kleine" zwischen den Grossen
Mai 2018
Am Aufafhrtswochenende traffen sich in Blonay die grossen Dampfloks wie:
die 5 Lokomotiven der Sammlung der BC oder die Gastlokomotiven
- G 3/3 5, 1890 LEB G 3/4 208, 1913 SBB
- G 2/2 4, 1900 FP G 3/3 60, 1898 TS
- G 3/3 909 / 6, 1901 JS / BAM G 2x 2/2 E164, 1905 CP
- HG 3/4 3, 1913 BFD HG 3/4 4, 1913 FO
- G 2x 2/2 105, 1918 SEG
zum Mega Steam Festival und mitten drin: die kleine Ticino aus Goldau.
Mehr Infos über das Steamfestival gibt es hier.
Revision der "Ticino"
Juni - September 2016
Anfang Juni 16 wurde damit begonnen, die „TICINO“ vollständig zu zerlegen. Im
Hinterkopf das ehrgeizige Ziel, mit der Lokomotive an den Oldtimerdays 2016 am
3.und 4. September in Morcote TI teilzunehmen. Erstaunlicherweise brauchte es
den Schneidbrenner nur etwa Fünf Mal, um festgefressene Schrauben zu bezwingen –
bei der Tatsache, dass die Lokomotive wohl seit Ende der dreissiger Jahre
stillstand doch eindrücklich – der Rest liess sich mehr oder weniger problemlos
lösen. Es kamen auf den ersten Blick keine grossen Probleme in Erscheinung.
Während sich Bruder Stefan um den als Wasserkasten konstruierten Tender
kümmerte, ging ich gleich an den Kessel. Der Wasserkasten war innen sehr
schmutzig und grossflächig Rostdurchsetzt, jedoch keineswegs durchgefault.
Infolge der engen Platzverhältnisse eine sehr mühsame Arbeit, den wieder in
Schuss zu bringen.
Eine vorgängige Wasserdruckprobe des Kessel war nicht möglich, da einige Rohre
so durchlöchert waren, dass der Kessel nicht mal mit Wasser gefüllt werden
konnte….!
Das Ausrohren des Kessels war ebenfalls nicht ganz leicht, da einige Rohre notdürftig verschweisst worden waren. Auch da zeigte sich der Kessel nach der Reinigung erstaunlich gut erhalten - Stehbolzen, Deckenanker und Langkessel ohne grosse Abzehrungen, die Aussenwände nur im hinteren Bereich des Stehkessels infolge des Kohlenstaubes zusammen mit Feuchtigkeit etwas abgezehrt. Wasserseitig auf Höhe Bodenring ebenfalls rissartige Abzehrungen.
Siederohrlöcher in den Rohrwänden egalisiert und sofort 68 Stück Siederohr
angefertigt und mühsam eingebaut, da die Platzverhältnisse schon sehr eng waren.
Diese gereinigt, untersucht auf Risse und sonstigen Schäden und in der
Werkstätte der RB nach dem Auspressen der Triebzapfen mit den Gegenkurbeln auf
der grossen Drehbank reprofiliert.
Parallel zu diesen Arbeiten wurden der Antrieb und die Achsen zerlegt.
Während die Achsen und die Dampfmaschine zügig wieder montiert wurde, tat sich an anderer Stelle ein grösseres Problem auf.
Das Ausrohren des Kessels war ebenfalls nicht ganz leicht, da einige Rohre notdürftig verschweisst worden waren. Auch da zeigte sich der Kessel nach der Reinigung erstaunlich gut erhalten - Stehbolzen, Deckenanker und Langkessel ohne grosse Abzehrungen, die Aussenwände nur im hinteren Bereich des Stehkessels infolge des Kohlenstaubes zusammen mit Feuchtigkeit etwas abgezehrt. Wasserseitig auf Höhe Bodenring ebenfalls rissartige Abzehrungen.
Und in 10 Tagen steigt das Fest in Morcote……scheint unmöglich!
Eine fast schlaflose Nacht später und nach Rücksprache mit dem SVTI Kesselinspektor mit Volldampf weitermachen: schlechte Partie mit Winkelschleifer aushauen, Nieten abbohren und rausschlagen, neues Kesselblech mit Attest suchen und bringen lassen (Danke Katzensee), einpassen und verschrauben.
Dann Kessel zügeln in die Werkstatt von Kollege Karl Kennel und den Hausschweisser Peter Kieliger fast nötigen um das Teil einzuschweissen. Anschliessend – es ist inzwischen Dienstagabend vor dem Morcotewochende….- mit vereinten Kräften noch die zwölf Stück 20mm Nieten setzen und die eingebauten Siederohre fertig bördeln. Ein erstes Füllen mit Wasser sieht vielversprechend aus!
Kessel isolieren, Verschalung, alle Leitungen, Wasserkasten, Dach, Armaturen und Kamin montieren – ohne Mithilfe von Stefan und Kari Kennel mit seinen Mannen hätten wir es nicht geschafft!!!
und dann endlich Donnerstagnachmittag: Feuer machen und sehen was abgeht! Auf den selbstgemachten Gleisjochen findet die Probefahrt statt.
Um 16h steigt der Manometer Zeiger erstmals seit über 50 Jahren infolge Dampfdrucks wieder leicht an und schon kommt KK mit dem LKW um die knapp 7 Tonnen schwere Lokomotive aufzuladen und sie bei seinem Daheim im Schöneggweg auf die ebenfalls von ihm in letzter Minute erstellten 100m Meterspurgleis abzuladen.
Um 19h ist es endlich soweit : die „TICINO“ fährt nach wohl 75 Jahren erstmals wieder unter Dampf auf eigener Strecke!! Wunderbar und grosse Freude bei allen Beteiligten!
Am Freitag werden noch diverse Nacharbeiten getätigt und die Maschine ...
...mit den 100 Metern Gleis verladen und am frühen Samstagmorgen Richting Tessin nach Morcote zu verreisen.
Ein grosser DANK an Alle, die in irgendeiner Form mitgeholfen haben dieses Projekt zu verwirklichen!
Wie die Ticino nach Goldau kam
(Martin Horath)
Es war wohl Frühling im Jahre 1998 während der Kesselrevision von Lok No. 2 der Monte Generoso
Bahn, als der Depotchef Egidio Maglio mir einen älteren Herrn Namens Guido Travaini vorstellte,
welcher sich sehr für die Arbeiten am Kessel interessierte.
Nach kurzer Zeit sprach er von „seiner“ Dampflokomotive, welche ich doch einmal anschauen solle,
was ich am selben Abend noch tat. Ich traute meinen Augen nicht, als ich dieses Juwel in der
dunklen Ecke in einem Keller mitten in Mendrisio sah, die „TICINO“, abgestellt, als sei sie erst vor
ein paar Tagen hierhergekommen.
Die kleine Lokomotive ist mir seit da nie mehr aus dem Kopf gegangen, aber eine Übernahme kam leider auch nicht in Frage. Guido Travaini pflegte sie aber weiterhin vorbildlich und gab sie auch anderen Interessenten nicht weiter.
Anfang Jahr ist er nun leider verstorben und seine Familie hat sich in Verdankens werter Weise bereit erklärt, die Maschine als Leihgabe weiterzugeben.
Mit unserem Hauscamioneur Karl Kennel haben wir die Lokomotive am 20. Mai nach mehr als 53 Jahren wieder ans Tageslicht geholt, verladen und nach Goldau transportiert
Die Dampflokomotive mit 1000mm Spurweite wurde von Arnold Jung in Jungenthal als No. 59 gebaut und am 19. II. 1889 von F. Marti Winterthur an die Correzione del Fiume Ticino in Bellinzona geliefert und bis ca. 1941 verwendet.
Gemäss der Frau sah Guido Travaini die Lok schon länger in der Magadinoebene stehen und interessierte sich für sie und man brachte ihm die rund 6.5 To leichte Lok am 14. November 1961 zu ihm nach Hause. Da stand sie anscheinend noch rund zwei Jahre draussen, bis er eine geniale Unterkonstruktion baute und sie schön in die trockene Ecke eines Kellers versorgte.
Ziel ist es nun, die Maschine so bald wie möglich so Instand zu setzen, dass sie ihre wunderschöne Patina nicht verliert und doch wieder unter Dampf gesetzt werden kann!
(Fotos können vergrössert werden)